Die Lyrik-Produktion deutschsprachiger Verlage im Herbst / Winter 1996 und Frühjahr / Sommer 1997. Alphabetisch geordnet nach den Herausgeber - und Autorennamen.
Vorbemerkungen der Redaktion:
Gegenstand unserer
(kommentierten) Bibliographie sind in der Hauptsache Neuerscheinungen zeitgenössischer
(d. h. lebender) Autorinnen und Autoren.
Im Selbstverlag erschienene Titel sowie
Bücher aus der Produktion von "Verlagen", die kein verlegerisches
Risiko übernehmen, sondern vielmehr ihren eigenen "Autoren" die oftmals
überteuerten Kosten der Indrucklegung aufbürden (sog. ‘Piraten’-
oder ‘Haiverlage’) werden in DAS GEDICHT grundsätzlich nicht bibliographiert
bzw. besprochen.
In dieser Ausgabe werden ca. 30 Novitäten rezensiert und weitere ca. 250 Titel bibliographiert. Eine Liste mit ca. weiteren 150 bibliographierten Titeln kann beim Verlag (Anton G. Leitner Verlag, Redaktion DAS GEDICHT, Postfach 12 03, D-82231 Weßling) gegen Briefmarken im Wert von DM 5,- (Inland) angefordert werden. |
1.2 EINZELTITEL
Thomas Kling
MORSCH
GEDICHTE
Suhrkamp Verlag, 1996, 111 Seiten
DM 30,- / öS 222,- / sFr. 27.50
(Wolfgang Prochaska) - Thomas Kling hat, wie kein anderer Lyriker der 90er Jahre, mit seinen ganz am mündlichen Sprechen orientierten Gedichten der Lyrik neue Räume eröffnet. Radikaler als der Kölner Lyriker hat keiner den Urgrund von Sprache untersucht. Kling gilt als der Sprach-Archäologe unserer Tage. Sein Einfluß - man erkennt ihn nicht zuletzt an den Veröffentlichungen in diesem Jahr - ist größer denn je. Seine eigenen neuen Gedichte, die er in seinem Band MORSCH versammelt hat, orientieren sich noch intensiver und dichter am "Sprachspeicher" des sofort Gesprochenen, am dauernden Fluss des Sprechens.
Dass er seine New York-Erfahrungen
an den Anfang seines Buches stellt, ist kein Wunder: Gerade New York, als
Schmelztiegel, ist für Kling derjenige Ort, an dem er, den großen
Chor der Sprachen im Ohr, nach den Wurzeln allen Sprechens graben kann.
Auch wenn sich Klings Gedichte beim ersten Lesen nur langsam erschließen
- was den Leser hineinzieht ist ihr Klang, ein genaues, sich wie Wurzelwerk
ausbreitendes Lautgeäst, das die Zunge in den Rhythmus taucht. Es
ist Sprechen in seiner frühesten, also reinsten Form: als würde
Kling spüren, dass Sprache nicht mehr allein von Worten leben
kann, daß sie Klänge braucht, Laute, also ungefilterte Wirklichkeit.
"die stadt ist der mund/ raum. die zunge, textus;/ stadtzunge der granit:/geschmolzener
und/ wieder aufgeschmo-/lzener text..." heißt es in dem Gedicht
"Manhattan Mundraum". Die selbstbewußte radikale Hinwendung zu einer
Sprechschrift lässt Kling aber nicht vergessen, daß die
Möglichkeiten sprachlichen Ausdrucks so schmal (geworden) sind wie
die Räume, die vorhanden sind: denn oft genug herrscht "Maulsperre",
ist "zungn-fading" spürbar, und das "textadersystem" wird von
Schweigen überschwemmt. Kling gehört im deutschsprachigen Raum
zu den ganz wenigen Lyrikern, die sich trauen, an die Schwelle des Verstummens
heranzuschreiben , und die sich keine Illusionen darüber machen, dass Sprache nur ein "Hirnstrom" ist, der jederzeit versiegen, absterben kann.
NEKROPOLEN
die kranknaktn: geschlossen. die folgn
wiederum durchnumeriert. in schnittn,
sprüngn, kragnmodn. frisuren, schnitte,
stäube. NAMENPORTIONEN / G-
WENDETE NAMEN, bemehltes haar,
staublager schiefer schultern. die pro-
portionen der turmfrisuren. die schneckn,
spangn, durchstochenen ohrn. die bärte,
das flechtn, backnbartmode. haubn, krön-
chn, schleier, broschn. die folgndn totn die folgndn totn.
BIBLIOGRAPHIE (AUSZUG)
2.4 ANTHOLOGIEN
Jurij Andruchowytsch (Hrsg.)
REICH MIR DIE STEINERNE LAUTE UKRAINISCHE LYRIK DES 20. JAHRHUNDERTS Zweisprachige Ausgabe Aus dem Ukrainischen von Anna-Halja Horbatsch Brodina - Verlag, 1996, 184 Seiten DM 34,- / öS 248,- / sFr. 31,50 (c/o Dr. Anna-Halja Horbatsch, Michelbacherstr.
18, D-64385 Reichelsheim)
Hans Bender / Hans Georg Schwark (Hrsg.) KOMM, SCHÖNE KATZE GEDICHTE UND PROSA Mit farbigen Fotografien Insel Verlag, 1997, ca. 200 Seiten ca. DM 16,80 / öS 123,- / sFr. 16.-
Ursula Bernard-Schwegemann (Hrsg.) WORTLANDSCHAFTEN LYRIK UND PROSA C. P. Böhner Verlag, 1997, 225 Seiten DM 28,- / öS 204,- / sFr. 26.- (Schwetzingerstr. 91, D-68165 Mannheim)
Annemarie Buntrock (Hrsg.) LOGBUCH INS ABSEITS GEDICHTE VON 25 AUTORINNEN Mit 32 Bildcollagen der Herausgeberin Richard Bacht Verlag, 1997, 208 Seiten DM 30,- / öS 219,- / sFr. 27.50 (c/o Annemarie Buntrock, Frohnhauser Str. 142, D-45144 Essen) Günther Butkus / Hellmuth Opitz / Karl Riha (Hrsg.) DAS SCHRUMPFKOPF-MOBILE GESCHICHTEN UND GEDICHTE VOM FRESSEN UND GEFRESSEN WERDEN Vorwort von Karl Riha Pendragon Verlag, 1997, keine Seitenangabe DM 28,- / öS 204,- / sFr. 26.- (Elsa-Brändström-Straße
23, D-33602 Bielefeld)
Sigrid Damm (Hrsg.) DIE SCHÖNSTEN LIEBESGEDICHTE Insel Verlag, 1996, 175 Seiten DM 12,80 / öS 93- / sFr. 12.50
Hansgerd Delbrück (Hrsg.) DEM DICHTER DES LESENS GEDICHTE FÜR PAUL HOFFMANN VON ILSE AICHINGER BIS ZHANG ZAO Attempto Verlag, 1997, 240 Seiten DM 39,- / öS 285- / sFr. 36.- (Postfach 1144, D-72001 Tübingen)
Wolfgang Erk (Hrsg.) ZUM NEUEN JAHR VON VORSÄTZEN, HOFFNUNGEN UND WÜNSCHEN Radius-Verlag, 1996/97, 120 Seiten DM 29,- / öS 212,- / sFr. 29.- (Olgastr. 114, D-70180 Stuttgart)
Rüdiger Fischer (Hrsg.) DAS FEST DES LEBENS ANTHOLOGIE ZEITGENÖSSISCHER FRANZÖSISCHER DICHTUNG Éditions en Forêt / Verlag im Wald, 1997 Erster Band, 112 Seiten, DM 15,- / öS 110,- / sFr. 14.- Zweiter Band, 98 Seiten, DM 20,- / öS 146,- / sFr. 19.- Dritter Band, 120 Seiten, DM 20,- / öS 146,- / sFr. 19.- (c/o Rüdiger Fischer, Dönning
6, D-93485 Rimbach)
Rüdiger Fischer (Hrsg.) ENCORE UNE JOURNÉE - EIN WEITERER TAG ANTHOLOGIE FRANZÖSISCHSPRACHIGER GEDICHTE AUS BELGIEN Éditions en Forêt/Verlag im Wald, 1996, 197 Seiten DM 25,- / öS 185,- / sFr. 14.- (c/o Rüdiger Fischer, Dönning
6, D-93485 Rimbach)
Sigfrid Gauch / Sonja Hilzinger / Josef Zierden (Hrsg.) HORIZONTE RHEINLAND-PFÄLZISCHES JAHRBUCH FÜR LITERATUR 3 Brandes & Apsel, 1996, 320 Seiten DM 36,80 / öS 269,- / sFr. 34.- (Zeilweg 20, D-60439 Frankfurt am Main)
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